Erfolgreiches Filmfachsymposium beim 4. Internationalen Märchenfilm-Festival fabulix®
24. August 2025
Starkes Signal für die Zukunft des europäischen Märchenfilms
Im Rahmen des 4. Internationalen Märchenfilm-Festivals fabulix® fand am 22. August im Rathaus der Bergstadt Annaberg-Buchholz das Filmfachsymposium statt. Unter dem Titel „Der Märchenfilm – Herausforderungen, Chancen und Risiken eines Filmgenres im heutigen Europa“ kamen Produzentinnen und Produzenten, Regisseurinnen und Regisseure, Senderverantwortliche sowie Filmförderinstitutionen aus Deutschland, Tschechien, der Slowakei und der Schweiz zusammen. Das Symposium, das inzwischen als fester Bestandteil des Festivals gilt, entwickelte sich zu einem intensiven Forum des Austausches über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Märchenfilms.
Oberbürgermeister Schmidt: Märchenfilm als lebendiges Kulturgut
Oberbürgermeister Rolf Schmidt würdigte in seinem Grußwort die besondere Bedeutung dieses Symposiums für die internationale Filmkultur. Seit 2017, so Schmidt, begeistere das europaweit einzigartige Märchenfilm-Festival fabulix® nicht nur Familien und Kinobesucher, sondern sei auch für Filmschaffende eine unverzichtbare Begegnungsstätte geworden. Das Symposium selbst sei ein Herzstück des Festivals, das den Fachleuten der Kinder- und Jugendfilmbranche eine Plattform für Austausch, Vernetzung und Inspiration biete. In diesem Jahr rückte insbesondere die Frage in den Mittelpunkt, wie sich das klassische Kulturgut Märchen für ein junges Publikum bewahren lässt und gleichzeitig neue Märchen für alle Generationen entwickelt werden können.
Historischer Rückblick und heutige Spannungsfelder
Eröffnet wurde die Tagung durch Festivaldirektor Filip Albrecht, der in einem historischen Impulsvortrag die Entwicklung des Märchenfilms von den frühen „Cinderella“-Verfilmungen um 1900 bis in die Gegenwart nachzeichnete. Er erinnerte daran, dass der Märchenfilm zunächst für Erwachsene gedacht war, seit den 1930er Jahren jedoch vor allem Kinder ansprach. Albrecht zeigte eindrücklich, dass dieses Genre, obwohl es oft finanziell wenig lukrativ war, immer wieder künstlerische Innovationen hervorgebracht und sich in wechselvollen Zeiten neu erfunden hat.
Im Verlauf des Symposiums wurde deutlich, dass der Märchenfilm heute im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne steht. Vertreterinnen und Vertreter der ARD und des ZDF wie Dr. Irene Wellershoff, Jörg von den Steinen sowie Sabine Scheuring (MDR) diskutierten gemeinsam mit unabhängigen Produzentinnen wie Uschi Reich oder Esther Honysová aus Tschechien, wie sich alte Stoffe neu erzählen lassen, ohne ihren Kern zu verlieren. Sabine schilderte dabei ausführlich die enge Zusammenarbeit der einzelnen Landesrundfunkanstalten bei der Entstehung weiterer Filme der Reihe „Sechs auf einen Streich“ und verwies auf neue Produktionen des RBB und des SWR. Elke Sieger gab zudem Einblicke in aktuelle Projekte des ZDF, darunter die aufwendig produzierte DGS-Fassung von „Die drei goldenen Dukaten“, mit der das ZDF in puncto Inklusion und Mediatheken-Angebot neue Wege beschreitet.
Immer wieder stellte sich die Frage, ob Märchenfilme lediglich Kinderunterhaltung seien oder ob sie nicht vielmehr ein „All-Age-Genre“ darstellen, das gleichermaßen Kinder, Jugendliche, Eltern und Großeltern anspricht.
Mitteleuropa als Motor neuer Märchenfilme
Sehr eindringlich berichteten Filmschaffende aus Tschechien und der Slowakei, wo Märchenfilme noch immer eine starke Tradition haben. Dort entstehen Jahr für Jahr neue Produktionen, die häufig mit bescheidenen Budgets auskommen müssen, dabei aber eine große künstlerische Strahlkraft entwickeln. Beispiele wie „Die drei Dukaten“ oder „Zlatovláska“ machten deutlich, wie aufwendig und zugleich leidenschaftlich diese Filme hergestellt werden. Gerade in Mitteleuropa, so wurde betont, liege eine besondere Stärke in grenzüberschreitenden Koproduktionen. Gemeinsame Finanzierungen und der Austausch kreativer Ressourcen könnten die Qualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit des Genres sichern.
Herausforderungen in Kino, Fernsehen und Förderung
Doch die Herausforderungen sind unübersehbar: Märchenfilme haben es schwer, sich gegenüber der Marktmacht amerikanischer Blockbuster im Kino zu behaupten. Gleichzeitig sinkt im Fernsehen die Zahl der Produktionen, und auch die Filmförderung konzentriert sich zunehmend auf andere Formate. Viele Diskutierende beklagten, dass in Deutschland die Rahmenbedingungen für Kinder- und Märchenfilme immer schwieriger werden.
Namentlich hervorzuheben ist Dr. Markus Görsch (Mitteldeutsche Medienförderung), die neuen Möglichkeiten der Finanzierung aufzeigte, sowie Produzent Jens Susa (Provobis), der von seinen Erfahrungen mit der erfolgreichen ZDF-Reihe Märchenperlen berichtete.
Ein weiteres Thema, das für intensive Diskussionen sorgte, war der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Film. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass auch der Märchenfilm dieser Entwicklung langfristig nicht ausweichen könne, es jedoch eines verantwortungsvollen Umgangs mit diesen technischen Neuerungen bedarf. Dabei wurde insbesondere die Veränderung der Sehgewohnheiten junger Zuschauer hervorgehoben: Viele Kinder konsumieren Filme heute vor allem auf Tablets und Smartphones – parallel zu einem intensiven Gaming-Verhalten, in dem paradoxerweise ebenfalls zahlreiche Märchenmotive vorkommen. Umso wichtiger sei es, dass Eltern und Großeltern den Wert von Märchen und Märchenfilmen weiterhin aktiv vermitteln, ähnlich wie früher beim Vorlesen von Märchen in der frühen Kindheit.
Ein europäisches Zukunftsversprechen
In der Abschlussrunde des Symposiums waren sich die Teilnehmenden einig: Der Märchenfilm lebt von der Begeisterung der Filmschaffenden, von originellen Stoffen und von einer gemeinsamen europäischen Perspektive. Nur wenn Nachfrage, Leidenschaft und Finanzierung zusammenfinden, kann er seine volle Wirkung entfalten. Der Märchenfilm ist nicht nur kulturelles Erbe, sondern auch ein Zukunftsversprechen, das Werte vermittelt, Gemeinschaft stiftet und die Fantasie beflügelt.
Festivaldirektor Filip Albrecht brachte es am Ende auf den Punkt: „Ich freue mich, dass das fabulix®-Symposium inzwischen zu einem festen und internationalen Forum für Filmschaffende geworden ist.“ Dass das Symposium in diesem Jahr erstmals ganztägig stattfand und eine so internationale Beteiligung verzeichnete, wurde von allen Beteiligten als starkes Signal gewertet. Annaberg-Buchholz hat sich damit erneut als bedeutsamer Ort für den europäischen Märchenfilm erwiesen – ein Ort, an dem nicht nur Filme gezeigt, sondern auch Zukunftsfragen gestellt und gemeinsam Antworten gesucht werden.
Fotos: Stadt Annaberg-Buchholz/Annett Flämig
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